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1954 23. 12 in Balingen geboren Kindheit und Schule in Ebingen (seit 1975 Albstadt) 1974 Abitur am Gymnasium Ebingen 1974-1976 Zivildienst, anschließend Werkstatterzieher ohne Ausbildung in einer WfB 1976-1983 Studium der Germanistik, Slavistik, Musikwissenschaft, Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an den Universitäten Regensburg, Tübingen, Wien, Bamberg und Mainz 1982-1984 Betreuung der Musikhistorischen Sammlung Jehle im Stauffenberg-Schloß Lautlingen (für Infos klicken Sie hier) 1982-1993 Aufbau und Betreuung des Hildesheimer-Archivs. Das Archiv des 1991 gestorbenen Schriftstellers und bildenden Künstlers Wolfgang Hildesheimer befindet sich seit 1993 in der Akademie der Künste Berlin (für Infos klicken Sie hier) 1983 M.A. in Mainz bei Wulf Segebrecht Hochzeit mit Andrea Eppler, Trauzeugen Silvia und Wolfgang Hildesheimer Geburt des Sohnes Martin 1984-1991 Zahlreiche Hildesheimer-Editionen 1990 Promotion in Tübingen bei Walter Jens, summa cum laude 1993-1997 Freier Mitarbeiter der Stuttgarter Zeitung 1995 Umzug mit der Familie nach Geislingen bei Balingen 1996-1999 Kurse Literarische Neuerscheinungen im Kräuterkasten Ebingen 1998 ff. Arbeit an Das lichtlose Tier, der Krieg. Der Roman meiner Mutter 2002 28. August bis 26. September: Dreharbeiten von Komm, wir träumen 2004 29. Oktober: Premiere von Komm, wir träumen auf den 38. Internationalen Hofer Filmtagen 2004-2005 Im Auftrag eines Freundes: Verkauf einer Bücher-Sammlung ab dem 17. Jahrhundert, ab dem 19. Jahrhundert nahezu ausschließlich (meist illustrierte) Kinder- und Jugendbücher 2005 Erste Endfassung von Das lichtlose Tier, der Krieg. Der Roman meiner Mutter Übernahme der Herausgabe von Wolfgang Hildesheimers Briefen an die Eltern (1937-1962) für Suhrkamp, Arbeitstitel: Die sichtbare Wirklichkeit bedeutet mir nichts 26. Oktober: Offizieller Kinostart von Komm, wir träumen im Rio-Filmpalast München 2006 Touren mit Komm, wir träumen Forschungsarbeit für Hildesheimers Briefe an die Eltern, parallel Arbeit an einer korrigierten und erweiterten Hildesheimer-Bibliographie Mai: die unveränderte Neuauflage Ulrike erscheint Sommer: Fertigstellung des schmalen Roman-Manuskripts Friederike 16. November: Komm, wir träumen gewinnt als bester Spielfilm den Golden Artist auf dem 1. internationalen HD-Festival in München Mitarbeit an der DVD von Komm, wir träumen 2007 Touren mit Komm, wir träumen Mitarbeit an Patricia Stanleys amerikanischer Übersetzung von Ulrike Juni: DVD von Komm, wir träumen erschienen August: Beginn der literarischen Zusammenarbeit mit dem Gitarristen Chris Burgmann 2008 Mai: das Buch von Hanna Jehle: Gedichte. Gesammelt und kommentiert von Volker Jehle erscheint, Seitenpfad von Das lichtlose Tier, der Krieg August: Beginn der Erstellung eines digitalen Bestandsverzeichnisses der Musikhistorischen Sammlung Jehle November: Come, let's dream!, Patricia Stanleys Übersetzung von Ulrike erscheint Ende November: Burgmann & Jehle: Der Geschichtenerzähler erscheint 2009 Juli: Highly Commended Award in the ILAE (International League Against Epilepsy) Centenary Film Competition November: vorläufiger Abschluß der Arbeit an der Edition von Wolfgang Hildesheimers Briefen an seine Eltern 2010 Dezember: erster Abschluß der Arbeit am Bestandsverzeichnis der Musikhistorischen Sammlung Jehle: die interne Fassung (mit Register knapp 2250 Seiten) 2011 Palmsonntag: Buchpräsentation von Hanna Jehle: Mit den Augen des Herzens 10. Oktober: Buchpräsentation von Volker Jehle: Reisen 2012 März: offizieller Beginn als wissenschaftlicher Betreuer der Musikhisto- rischen Sammlung Jehle im Stauffenberg-Schloß Albstadt-Lautlingen (Ursula Eppler, rund dreißig Jahre Kustodin der Sammlung, übernimmt nach wie vor Führungen und Pädagogik) 2013 Juni: erstmals öffentlich: Volker Jehles Bestandsverzeichnis der Musikhistorischen Sammlung Jehle – über 2500 Seiten Oktober: Volker Jehles drittes Buch mit Texten von Hanna Jehle erscheint: Mitten im Alltag November: die zweite, korrigierte und ergänzte Auflage des Gesamt- verzeichnisses ist online: nun knapp 2900 Seiten 7. Dezember 2013, Stauffenberg-Schloß Albstadt-Lautlingen: Eröffnung von Ursula Epplers und Volker Jehles Ausstellung Liederbücher ab 1800 aus Beständen der Musikhistorischen Sammlung Jehle (die Ausstellung dauert bis April 2014) 2014 26. Januar: Präsentation von Mitten im Alltag im Festsaal des Stauffenberg- Schlosses Albstadt-Lautlingen Juli: die dritte, korrigierte und ergänzte Auflage des Gesamt- verzeichnisses ist online: nun knapp 3100 Seiten Oktober: die zweite, ergänzte Auflage von Hanna Jehles Buch Gedichte erscheint 2015 Januar: Übernahme der Inventarisierung der Stauffenberg-Gedenkstätte im Stauffenberg-Schloß Albstadt-Lautlingen Mai: die vierte, korrigierte und ergänzte Auflage des Gesamt- verzeichnisses ist online: nun knapp 3300 Seiten Oktober: das amerikanische Reisen erscheint: A Travel Journal, übersetzt von Patricia Stanley November: Fertigstellung der internen Fassung von Stauffenberg- Gedenkstätte. Stauffenberg-Schloss Albstadt-Lautlingen. Bestands- verzeichnis von Volker Jehle 2016 Oktober: Wolfgang Hildesheimer: "Die sichtbare Wirklichkeit bedeutet mir nichts" erscheint 2017 Februar: Übernahme der Betreuung der Websites der Musikhistorischen Sammlung Jehle und der Stauffenberg-Gedenkstätte im Stauffenberg- Schloss Albstadt-Lautlingen innerhalb des Portals Museum.de 5. November: Festrede anläßlich von 40 Jahre Musikhistorische Sammlung Jehle im Stauffeberg-Schloss, zugfleich Eröffnung der Sonderausstellung Geschichte der Musikhistorische Sammlung Jehle 25. November, Bergcafé Wedel: Lesung im Rahmend er Albstädter Literatur- tage 2017 Beginn der Vorbereitung einer Edition von Wolfgang Hildesheimers Briefen an Volker Jehle (Umfang ungefähr wie die Briefe an die Eltern) 2018 4. und 18 Februar, Alte Synagoge Hechingen, "5 nach 4": zweiteiliger Vortrag über Wolfgang Hildesheimer anhand von Volker Jehles Edition von Hildesheimers Briefen an seine Eltern ("Die sichtbare Wirklichkeit bedeutet mir nichts") Arbeit an der 6. Auflage des Bestandsverzeichnisses der Musikhistorischen Sammlung Jehle 2019 Januar: die sechste, umgearbeitete und ergänzte Auflage des Bestands- verzeichnisses der Musikhistorische Sammlung Jehle abgeschlossen, erstmals über 4000 Seiten; online ab Anfang Februar 7. Dezember: Eröffnung der Sonderausstellung Musikschulen ab dem 18. Jahrhundert in der Musikhistorischen Sammlung Jehle 2020 Versuch, den Briefwechsel zwischen Wolfgang Hildesheimer und Volker Jehle herauszugeben, im Umfang etwa gleich wie Hildesheimers Briefe an die Eltern. Da er damit gleichzeitig Herausgeber und Herausgegebener wäre, hat er die Sache schließlich in andere Hände gelegt Arbeit an der 7. Auflage des Bestandsverzeichnisses der Musikhistorischen Sammlung Jehle Ende Dezember: Entdeckung eines Films, in dem man Peter Jehle 1980 auf einer Versammlung des Schwäbischen Albvereins als Schauspieler sieht – die einzigen Filmaufnahmen, die von Peter Jehle existieren 2021 Anfang Januar: die 7. umgearbeitete und ergänzte Auflage des Bestands- verzeichnisses der Musikhistorische Sammlung Jehle online: 4866 S. Januar/Februar: Aufarbeitung der Noten, die der MGV Sängerbund 1881 Schwarzach/Odenwald der Musikhistorischen Sammlung Jehle geschenkt hat Anfang Februar: die beiden Filmszenen mit Peter Jehle in die Website integriert 30. April: das Buch Musikhistorische Sammlung Jehle. Reden und Essays erscheint 21. September: die 8., letztmals korrigierte und ergänzte Auflage des Bestandsverzeichnisses der Musikhistorischen Jehle online 30. September: Volker Jehle ist letztmals im Stauffenberg-Schloss Albstadt- Lautlingen; sein Arbeitsverhältnis bei der Stadt Albstadt ist beendet Oktober: Beginn der Arbeit am Werk Württembergischer Bürgeradel. Gerüst eines Romans 2022 Arbeit an Württembergischer Bürgeradel. Gerüsteines Romans Oktober: der Hildesheimer-Artikel in der Deutschen Biographie ist online 2023 Arbeit an Württembergischer Bürgeradel. Gerüsteines Romans
Förderkreis deutscher Schriftsteller 1986 und 1989 Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg 1991 für Ulrike (für Infos klicken Sie hier) Nominierung zum 1. Baden-Württembergischen Drehbuchpreis 1999 (seit 2008: Thomas Strittmatter Drehbuchpreis) für das Drehbuch Ulrike Golden Artist für Komm, wir träumen als bester Spielfilm auf dem 1. HD Festival München, 16. 11. 2006 Highly Commended Award in the ILAE (International League Against Epilepsy) Centenary Film Competition 2009 für Komm, wir träumen Mitglied des VS Baden-Württemberg; zum Verzeichnis Baden-Württembergischer Autoren gelangen Sie hier
Für die Musikhistorische Sammlung Jehle auf dem Flohmarkt gefunden: Meersburger Liederbuch. Eine Auswahl von Liedern und Gesängen für gesellige Kreise. Unter musikalischer Redaktion von H. Hönig, Musiklehrer am Lehrerseminar Meersburg. Überlingen, Druck und Verlag von Aug. Feyel, erschienen (wie der OPAC Südwest ausweist) "ca. 1891"; sonst wird das schmale Buch nirgends verzeichnet oder gar angeboten. Von Heinrich Hönig weist Hofmeister ab 1877 einige Kompositionen nach: Stücke für Orgel, Harmonium, Violine mit Klavier, vor allem Kompositionen für Männerchor: natürlich Lieder, aber auch eine Deutsche Messe (für Männerchor!). Als Musiklehrer hat Hönig oberhalb der Reblage „Rieschen“ über dem Meersburger Schloß in dem Gebäude gearbeitet, in dem sich heute das Droste-Hülshoff-Gymnasium befindet; erste Belegung des Gebäudes (1735-1825): ein Priesterseminar; zweite Belegung (1825-1925): das genannte Lehrerseminar, übrigens ein katholisches. Wie üblich sind in dem Büchlein auch Kompositionen des Herausgebers abgedruckt, diesmal nur zwei, Hönig war also bescheiden. Am interessantesten aber sind, wie meist, die handschriftlichen Einträge, die im vorliegenden Buch, wie der Besitzvermerk von alter Hand mit Tinte auf dem Vorsatz ausweist, von einem L. Grüner stammen, evtl. ein Seminarist. Am Schluß sind, wie bei Liederbüchern oft, leere Notenblätter eingebunden. Die darauf geschriebenen Lieder kennt man, das Heideröslein natürlich, das Kartoffellied, selbst den Abendchor aus Conradin Kreutzers Oper Das Nachtlager von Granada. Doch eines dieser Lieder kennt man nicht, nicht den zweistimmigen Satz, nicht den Text, und man findet auch nirgends etwas darüber. Setze ich die drei Strophen also hierher:
Weihnachtslied
Leise zittern durch die Luft süße Harfenklänge, zittern über Berg und Kluft holder (!) Engelsänge. <evtl.: holder Engel Sänge> Schlummre Kind in sanfter Ruh, schlummre bis zum Morgen, deine Mutter deckt dich zu, bannt noch die Sorgen. Schlummre süß, schlummre sanft.
Leise naht der Hirten Schar, betend dort sie knieen, da uns Kind so wunderbar Himmelsklänge ziehen. Schlummre ...
Leise, leise nah'n auch wir mit des Herzens Gabe, singen uns're Lieder dir holder Gottesknabe. Schlummre ...
Vielleicht von Hönig komponiert, womöglich auch gedichtet, und für die Seminaristen an die Tafel geschrieben? Wer zu diesem Lied Angaben machen kann, melde sich bitte unter Kontakt.
Am 12. März 1952 schrieb Wolfgang Hildesheimer seinen Eltern zu einer Passage einer offenbar den Eltern geschickten Entstehungsstufe des Romans Paradies der falschen Vögel, die Meditation über die Liebe bräuchte er nicht an so vielen klassischen Beispielen erläutern, er werde diesen Gedanken in eigene Formulierungen kleiden, zudem habe er bei Bettine von Arnim eine ähnliche Stelle über das Spiel des Zufalls in Romeo und Julia entdeckt. Der Roman erschien 1953 bei Desch, ohne den Hinweis auf Bettine von Arnim. Frühe Textfassungen von Paradies der falschen Vögel sind (bis auf ein paar Vorabdrucke und Rundfunksendungen) nicht erhalten geblieben, was die Suche nach der entsprechenden Text- oder Briefstelle bei Bettine von Arnim natürlich erschwert. Trotzdem: kennt jemand eine in Frage kommende Textstelle bei Bettine von Arnim?
Das Neue Liederbuch für deutsche Mädchen (Mügeln, Verlag von H. Kunde) ist frühestens 1844 erschienen und läßt sich online weltweit nirgends nachweisen. Das darin enthaltene Gedicht Nummer 46 ist das einzige, dass sich ebenfalls online weltweit nirgends nachweisen läßt. Deshalb wird es hier ins Netz gestellt – vielleicht kann ja jemand Angaben dazu machen:
Gute Nacht, mein Herzenslieb! Ist der Himmel auch so trüb‘, Daß mein Aug‘ kein Sternlein schaut, Strahlt Dein Blick mir doch so traut, Mädchen in der Unschuld Pracht Gute Nacht!
Schlumm’re süß, mein Engelskind, Regen schwer aus Wolken rinnt, Doch Dein Liebeshimmel beut Frieden mir und Seligkeit! Mädchen, Du mein Paradies, Schlumm’re süß!
Im März 2021 für die Musikhistorische Sammlung Jehle angekauft: ein Hammerklavier aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, ehemals auf dem Dachboden eines Hauses in Westfalen. Kennt jemand den Klavierbauer, der auf diese Weise firmiert hat?
Im Familienarchiv Jehle liegt ein Einzelblatt, wahrscheinlich aus dem Stuttgarter Evangelischen Sonntagsblatt des Jahres 1927, jedenfalls ist auf der S. 399 eine Komposition von Friedrich Jehle von 1927 abgedruckt, über einen Text, dessen Autor mit "S. S." angegeben wird. Der Text läßt sich online allerdings nicht finden, er könnte ja auch von Friedrich Jehle selbst stammen, schließlich hat er viele Gedichte geschrieben, und die Aufwärts-Bewegung am Schluß kennt man von seinen anderen Gedichten. Jedenfalls setze ich den Text komplett her, vielleicht weiß jemand etwas dazu:
Wenn wir durchwandert einen Tag Mit seiner Sorge Lust und Plag Und stille nun die Sonne sinkt Der Feierabend winkt Dann singen wir zu Gottes Preis Der treu gesegnet unsern Fleiß, Und ruhen sonder Sorg u. Harm In Gottes Vaterarm.
Fällt auf des Tages rauher Bahn Uns Sorge oder Mißmut an, Will sich erhitzen Herz und Blut, Erlahmen Kraft und Mut: So singen wir im Abendschein Uns guten Mut ins Herz hinein; Der Friede Gottes deckt uns zu, Bringt Leib und Seel zur Ruh.
So steig aus Herzen froh und bang Gebet empor und Lobgesang, An jeden Ort, zu jeder Zeit In Arbeit, Freud und Leid. Gott mißt uns zu, was jedem frommt; Drum mag es kommen, wie es kommt! Es geht mit Gott der Heimat zu, In ew'ge Freud und Ruh.
Aus meines Vaters Schachtel mit privaten Fotos; lese ich die Inschrift richtig, steht da "Den / für ihr Vaterland / Gefallenen / 1940" - aber wo befindet sich dieser Soldatenfriedhof? Mein Vater war 1940-1943 Soldat in Norwegen, meist in Oslo, aber auch zwischen Arendal und Tvedestrand bis hinauf nach Lakselv. 1943 war er einige Wochen in Frankreich, bei Arras.
Peter Jehle, letzter Chef des Musikhaus Jehle, Konzertveranstalter (er holte Udo Jürgens, Reinhard Mey, Otto Waalkes etc. nach Albstadt), Sänger in Martin Friedrich Jehles Chor der Friedenskirche, Sänger auch in Brigitte Wendebergs Kammerchor, Leiter der Gitarrengruppe des Albvereins Ebingen, Gitarrist und Liedermacher. Peter ist am 27. Juli 1999 gestorben. Am 1. August 2018 wäre er 70 Jahre alt geworden. Als Gitarrist interpretierte er vor allem Degenhardt, zur Auflockerung Insterburg & Co. und andere eher leichte Lieder, aber er dichtete und komponierte auch selbst. Als er in den 1960er Jahren ein Tonband mit seinen Liedern an eine Plattenfirma schickte, antwortete man, er sei so gut wie Reinhard Mey, aber den habe man ja schon. Peter Jehle in Dänemark 1967 Ton aufzunehmen war damals noch nicht so einfach; zum Glück hatte ich – der sechs Jahre jüngere Bruder – ein Spulentonbandgerät mit einer einzigen Spule, auf der allerhand Zeug landete, dabei auch Peter an der Gitarre. Wenig später, als dann jeder einen Cassetten-recorder besaß, habe ich für Peter zwei MCs überspielt: eine Serie Peter allein und der Mitschnitt eines Konzerts, das Peter und sein Freund Rothe im Ebinger Jugendclub Forum 69 gaben. Diese beiden Cassettensind vonPeter beschriftet worden und kamen nach seinem Tod zu mir zurück. Vor einigen Wochen habe ich die Cassetten digitalisieren lassen. Hier also nun ein Liebeslied, gedichtet, komponiert und gesungen von Peter Jehle, entstanden wahrscheinlich im Oktober 1967 oder nicht lange danach, weil er, damals 19 Jahre alt, wegen der Liebelei mit dem Hausmädchen von den Eltern zum 1. Oktober 1967 zur weiteren Ausbildung als Musikalienhändler nach Konstanz ins dortige Musikhaus Jehle geschickt wurde. Das Musikhaus gehörte Johanna Jehle, einer Schwester unseres Vaters. Er kam also, meinte man, unter die Obhut der harschen Tante Hanne. Aber schließlich hatte er eine Bude in der Bruderturmgasse. Wenn ich daran denke, was du mir geschenkt wenn ich daran denke, wohin du mich gelenkt, weine ich vor Freude und vor so viel Glück. Du bist mein Leben, ich habe dich lieb.
Bin ich in der Ferne, wo ich dich nicht mehr seh, bin ich sehr traurig, die Trennung tut so weh. Doch wenn du dann schreibst mir: Ich habe dich lieb, weine ich vor Freude und vor so viel Glück.
War es denn nicht Liebe, die uns so schnell verband? Laß sie nicht verwehen wie an dem Strand den Sand, laß mich einfach träumen von unserm großen Glück: Du bist mein Leben, ich habe dich lieb.
Hauptversammlung des Schwäbischen Albvereins in Albstadt-Ebingen, 7. und 8. Juni 1980, zugleich 90 Jahre Ortsgruppe Ebingen. Peter Jehle spielte zwei der fünf Szenen aus der Zeit bevor der Ebinger Verschönerungsverein sich dem Albverein angliederte. Die anderen drei Szenen spielten Aktive des Theater- vereins Waldbühne Sigmaringendorf, Texte: Richard Schütze
Emil Knobel hat von der Hauptversammlung mit Super 8 einen Film gemacht. Das Haus der Volkskunst, Archiv des Schwäbischen Albvereins, Balingen-Dürrwangen, hat den Film digitalisiert und auf seinen Youtube-Kanal gestellt; zum kompletten Film gelangen Sie hier.
Weil nur Raser und Drängler bestraft werden. Dabei sind Schlafer und Bremser gefährlicher. Vor allem meinen sie, sie hätten recht – geplanter Essay
Nächster Essay:
- Die PCler leben in ihrer virtuellen Welt und verlieren den Kontalkt zur realen Welt, vor allem zur Natur - Die Handy-Generation hört nichts mehr anderem zu und verliert die Aufmerksamkeit für alles andere - Die Navy-User finden ohne Navy nichts mehr, sie verlieren den Überblick - Die Keine-Altdeutsche-Schrift-Könner verlieren die Vergangenheit - Fahrerlose Autos, Einkaufszettel schreibende Kühlschränke – Verantwortung, Selbstbestimmung und Souveränität schwinden
Wenn dann endlich a l l e soweit sind, wer progammiert dann die Maschinen? Die Maschinen?
So ein Liederbuch gibt's tatsächlich, u. a. in der Musikhistorischen Sammlung Jehle, darin steht ganz ernsthaft „Ich schnitt es gern in alle Schinken ein ...“
- Warum ist denn nur mein Schwein so schön ... (könnte auch auf einen Bauernhof passen) - Die Schlacht am Schwein (könnte eher nicht auf einen Bauernhof passen)
Mai 2013, Angebot bei Ebay: "Gesangbuch für Christen Augsburgerlicher Confektion" August 2013, Angebot bei Ebay: "Cassel 1904: Gesangbuch für die renitente Kirche" auf www.Tiergeschichten: "'Ai', sagte das Faultier und seufzte. Es seufzte herzbeweglich." August 2022, Angebot bei Ebay: "Buch Potsdam Biographie Fritz Stahl 1917 Felir Lermann G. m. b. H. Schalottenburg"
Spätestens Anfang der 1960er hatte meine Mutter diese Weihnachtskrippe aufgestellt, und zwar das ganze Jahr über. Im Unterschied zur cremeweißen Krippe unterm Christbaum hieß sie "die rote Krippe". Als Kind haben mich die dünnen fein glasierten Tonwände fasziniert, da kann man die Konturen innen spüren. Nach dem Tod meiner Mutter 1997 kamen die Figuren zu meiner Schwester Sybille Shima nach Allensbach, nach Sybilles Tod 2021 kamen sie zu mir. Und ich habe nachgeforscht, wer sie gemacht hat. Auf einen bekannten Namen bin ich nicht gestoßen, sondern auf Charlotte Wittmer (31. 3. 1908 - 16. 8. 1985). Sie lebte mit ihrer Freundin in Zürich, nach dem Tod der Freundin kam sie nach Ebingen (heute Albstadt) zurück. Ihre Werkstatt befand sich oben im sogenannten Neuen Vereinshaus (in dem sich heute das Kunstmuseum Albstadt befindet). Dort hatte sie auch einen Webstuhl und eine Staffelei: sie malte, und ihre Altar-Paravents werden noch heute ab und zu in der Martinskirche Ebingen aufgelegt. Im Internet sucht man sie vergebens. In Ebingen sagt man, Charlotte Widmer habe eben "nichts aus sich gemacht." Warum sie, warum nicht die Ebinger? Gäbe es von ihr einzig und allein diese Figuren, wäre es wie bei Lyrikern: ein einziges Gedicht genügt für die Unsterblichkeit.
Beim Wort „verschieden" denke ich stets „verstorben" mit. Was mögen also „verschienene Koffer sein". In einem alten Brief lese ich soeben: „In der Hochschule hatten verschiedene Lehrer keinen Unterricht", das ist schon nicht mehr komisch.
Momentan schaue ich die beiden Ebinger Tageszeitungen Jahgrgang um Jahrgang auf der Suche nach "Jehle" durch, aber natürlich kommt mir auch sonst manches vor die Augen, z. B. die Annonce einer Tierschau unter dem Titel "Vom Tiger zerrissen": man gekündigt an, an dem und dem Tag zu der und der Uhrzeit spiele man beim Tiger im Käfig eine Runde 66. Gestern habe ich eine Annonce gefunden, die den abgegriffenen Spruch von den braven und bösen Mädchen erweitert, bittesehr: Neuer Alb-Bote, 3. April 1916 (also im Ersten Weltkrieg)
Neuester Fund, Neuer Alb-Bote, 3. 3. 1922:
Mahlzeit!
Grauenvoll! Diese Schlagzeile habe ich gestern (22. 2. 2023) entdeckt. Erschienen am 2. 3. 1939 in "Der Wille. Der Alb-Bote. Heimatzeitung für Ebingen und
Umgebung. Alleiniges Amtsblatt der Stadt Ebingen u. aller Bezirksgemeinden.
Organ der NSDAP"
Wer denkt, die nachstehend gezeigte Schlagzeile stamme aus neuer Zeit, der denkt falsch. Der Artikel mit dieser Überschrift ist in der Schwarzwälder Post, Ausgabe Alb-Hohenzollern, am 11. Juni 1949 erschienen
„In die Mulde werden Blumen gesetzt, die Schaukel wird verankert, das Gebläff der Hunde, das Geschnatter der Vögel, das Rattern der Rasenmäher stört ihre Arbeit – doch ins Gezwitscher Gebläff Gesumm seiert – wenn man nicht achtgibt – der Menschen oraler Durchfall, da klappern durch den frühlingsgewärmten Äther ihre Gebisse, stoßen ihre heißergequäkten Kehlen Wörterschlangen wie erbrochene Bandwürmer hervor. Abnutzungsschlacht Gedankenaustausch Überbrückungsgelder Vermögensbildung Steuernachlaß Verfügungsmacht Terror Entführung Racheakt Profitwölfe Umfunktionieren, und betonhart, klotziggroß: SELBSTFINDUNG. Die Münder der Frühlingszerredner müßten ausfransen – so möchte man meinen –, müßten speichellos und mit wulstig geschwollenen Zungen zum endgültigen tonlosen Stillstand scheppern; doch nein, sie reihern und qualstern ihren sämig giftigen Schleim übers Grün der Wiesen, über Halme und Knospen, übers Sauerampfergelb und Kirschblütenweiß, verknöchert, versteinert, unaufhaltsam in ihr Nichtwissen verbissen.“ Hildegard Knef: Das Urteil oder Der Gegenmensch. Bertelsmann, S. 375
Herbert Moritz Mönnig (25. 12. 1909 – 22. 10. 1999) in seiner Geigenwerkstatt im Musikhaus Johannes Jehle, Ebingen, wo er 1934-1975/76 gearbeitet hat; seine Werkstatt befindet sich heute in der Musikhistorischen Sammlung Jehle im Stauffenberg-Schloß Albstadt-Lautlingen. Otto Widers Zeichnung illustriert den Artikel von W: Beim
Ebinger Geigenbauer. Aus Markneukirchen, dem berühmten Ort für Instrumentenbau,
kam Herr Mönnig nach Ebingen. In: Schwarzwälder Bote, 23./24. 8. 1952.
An dieser Stelle wird immer wieder ein aktueller Text veröffentlicht. Diesmal sind's zwei Texte. Zuerst eine weitere Frucht der Beschäftigung mit dem Familienarchiv Jehle, und zwar eine unheimliche Geschichte, geschrieben von Johannes Jehle (1881-1935) im Jahr 1897, also mit 16 Jahren, die erste Geschichte in einem ehemaligen Algebra-Schulheft mit dem Titel "Wahrheit & Dichtung"
Ich ging fort, in die Welt hinein,
Sehnsucht im Herzen, Sehnsucht nach der Liebe, die ich überhaupt nur gesehen,
gefühlt, aber nicht besessen hatte. Bald kam ich an das Ufer des schönen
Flußes. Ich schwenkte nach rechts ab, in den schönen Park von John [Name
unleserlich] und [Name unleserlich]. Mitten in dem heiligen Schatten entdeckte
ich auf einem vorhängenden Felsstück ein roh gezimmertes sonderbares Häuslein.
Ich setze mich hinein und sah in die Tiefe, in die Flut, die geschäftig u.
achtlos unter mir vorbeijagte. Welle auf Welle, Flut auf Flut, immer wieder
neue Kreise zog der Wasserspiegel. Da schnellt ein Fisch über das Wasser, jetzt
zieht [darübergeschrieben: schwebt] eine Wasserjungfer in solcher Ruhe über
dem blanken Spiegel, o, wäre ich nur an ihrer Statt, in Meinem Element wie Sie
in Ihrem, wäre ich nur so Lieb und Freud. Träumend in Wonne u. Schmerz
versunken, sah ich auf dem anderen Ufer die grünen Matten im Sonnenschein
legten und sonnten die Kühe, Lerchen schwirrten in der warme Luft alles in
Glück u. Freud, ich in Thränen? O, gerade, doch nicht in Wehmut, ja, heute muß
etwas geschehen, ich ahne es, großes Glück oder großes Leid, etwas jedenfalls
wird sich ereignen; mir ist so schwül, es wird doch kein Unglück –, ach, mein
liebster Heinrich, (in Wirklichkeit (αλ[zwei spiegelverkehrte musikalische
Zeichen])) sollte es sich um dich handeln? Es ist möglich, wahrscheinlich,
vielleicht wirklich? Ja, du bist das Centrum, um das sich die bange Ahnung
dreht; was kann doch mit dir los sein? – Was war los? Ein Blitzschlag aus
heiterem Himmel? Kann das sein? Ich erhebe mich, wie mit einem Schlag aus
meiner Träumerei aufgeweckt. Ich trete vor meine Hütte, – da –, schwarze Wolken
ziehen mit rasender Geschwindigkeit am Horizont herauf. Die Lösung naht, doch,
auf welche Weise. Hu, eine menschliche Wohnung erreiche ich nicht vor einer
Stunde, ich bleibe eben in meiner Zelle. Der Wind geht durch die Bäume u.
vereint ist sein Rauschen mit dem des Wassers. Ich setze mich wieder u. sehe in
die Wogen hinab. Schon beginnen schwere Tropfen auf die Wellen zu fallen, die
gierig die neuen Genossen verschlangen u. mit sich vermengten. Die Sonne war
verschwunden, ein finsterer [ein Wort unleserlich] wurde die Atmosphäre,
heulend zog der Sturm heran, schreckenerregend brach das Unwetter herein, die
ganze Natur schien sich vor seiner Allgewalt zu beugen, nur ich nicht. Die
Fluten schäumten zornig unter mir, weißer Gischt spritzte bis zu meinem [ein
Wort unleserlich], da, ein Donnerschlag, daß die ganze Erde zitterte, der Regen
fiel prasselnd auf mein schützendes Dächlein und rauschte in Strömen in den
Fluß hernieder. Ich mußte mich schon in den Hintergrund meiner Hütte
zurückziehen, da das Wasser zu allen Seiten hereinschlug. Ein heller Blitz
erleuchtete die stockfinster gewordene Gegend. Was? Dort hinten auf dem anderen
Ufer? Dort mußte etwas sein?! Der Donner rollte fürchterlich der Sturm heulte
fürchterlich, jetzt! Sieh! dort erleuchten die Blitze jene Stelle! Ein Brand!
Eine brennende Kirche! Wie kann denn das sein. Vorhin sah ich
nichts davon, solange die Sonne schien, jetzt, bei dem Unwetter! Es kann kaum
sein. Was wäre denn das für eine Ortschaft? Aber es ist doch so! Ein Kirchlein
steht in hellen Flammen! Oben schlägt schwarzer Qualm u. Rauch heraus. Aber was
mich nun auch so dorthin zieht? Bei einem Gewitter in dunkler Nacht, es muß
doch schon sehr spät geworden sein, kann man doch nicht [ein Wort unleserlich]
dort hinunter gehen auf unbekannten Wegen. Aber der Zug dorthinüber läßt nicht nach,
ein Gejubel [?], – fast ist’s gehört? Die Stimme? Ich muß dieses inneren
Stimme, diesem Zug gehorchen, ich muß. Mit Entsetzen sehe ich, [daß] Wasser so
angeschwollen ist, daß es beinah in meine Hütte dringt. Das andere Ufer ist
nicht mehr zu sehen. Ein wildes Meer tut sich vor mir auf. Ich trete aus meiner Hütte heraus. Ein
Regensturm wirft mich wieder zurück. Muß es denn wirklich sein? Es muß. Also
vorwärts. Mit dem wütendsten Sturm u. Regen kämpfend
weiche ich ans Ende des Gebüsches. Jetzt war aber das Elend erst los. Ich, allein
ohne Hilfe dem rasenden Gewitter preisgegeben. Doch es muß, mit wankendem
Schritt erreiche ich, am Ufer aufwärts gehend, einen Holzsteg über den Fluß.
Ich setze den Schritt darauf, er wankt! Aber wenn es muß, so muß es; der Wille
ist der stärkste. Ich gehe hinüber, schauerlicher, höllischer Weg, fast am Ende
angelangt, bricht der Teil, den ich überschritten habe, zusammen. Mit einem
Sprung rettete ich mich auf das Ufer, das an dieser Stelle glücklicherweise
etwas hoch war. Nun stand ich auf einem Eiland, von dem ich nicht mehr los
kommen konnte, da es überall vom Wasser umringt war. Mit Entsetzen bemerkte
ich in der Dunkelheit, [daß] das [Eiland] auch weggeschwemmt würde, sobald das
Holz, das sich davor gestaut hatte, vom Fluß nach der Seite getrieben werden
würde. Fürchterlich tosten die Fluten, brausend rüttelten sie an der Insel, die
auch noch die Brücke dazwischen werden sollte. Wieder durchleuchtet ein Blitz
die Gegend. Da sah ich in kleiner Entfernung von mir einen Damm, der
rechtwinklig auf den Fluß zulief. Den mußt du erreichen! Dann bist du
gerettet. Der Wille siegt. Ich ergriff ein großes Stück behauenes Holz, setze
mich darauf wie auf ein Pferd, u. rudert auf jeder Seite mit einer Stange. Mit
unsäglicher Anstrengung kam ich endlich in die Nähe des Damms. Da gewahrte ich
einen Mann auf demselben, der mich offenbar schon lange ruhig beobachtet
hatte. Jetzt merkte ich auch, warum ich, trotzdem daß ich gegen den Strom
ruderte, weiter kam, denn von dem Menschen ging die Kraft aus, die mich dorthin
zog. Am Damm angelangt, stieg ich heraus, nahm aber zur Vorsicht eine von
meinen Ruderstangen mit. Als ich oben anlangte, sah ich, daß der Damm ganz
gerade zu der brennenden Kirche hinführte, die allerdings noch in weiter Ferne
war. Eben schickte ich mich an, dorthin zu eilen, als mir der Mann mit
unheimlicher Stimme ein leises „Halt“ zurief. In diesem Augenblick kam ein
Feuerreiter herangestampft, u. rief von weiter: „Wer Johannes heißt, soll
schnell zum Brandplatz, König Heinrich muß gerettet werden! Halt Pferd! Halt!“ Ein Blitzschlag fuhr mir durch alle
Glieder. Wie ich forteilen wollte, faßte mich den Nehmliche von hinten an der
Schulter. Das Pferd des Boten, der inzwischen näher gekommen war, streikte, der
Reiter selbst wurde leichenblaß, riß sein Roß herum u. sprengte mit große
Geschwindigkeit dammeinwärts. Einen Augenblick war ich selbst leblos, bis ich
wieder einen kalten Schauer durch meine Glieder rieseln fühlte. Mit rascher
Wendung riß ich mich auch aus dem Arm des Nehmlichen los, drehte mich um und
sah ihm ins Gesicht. II Mai 1897. „Ralphur“ drängte es ich über meine Lippen
vor Entsetzen. Der Mensch lächelte höhnisch. Etwas Schauerliches lag in seinem
Gesichtsausdruck. Eine bange Sekunde lang sahen wir einander an. Ich griff mit
beiden Händen nach meiner Stange und hieb mit Blitzesgeschwindigkeit auf ihn
ein. Der Schlag traf auf den Kopf. Der Scheußliche fiel rückwärts auf den
Boden. Ich aber ließ meine Stange fallen, und lief aus Leibeskräften mit
Windesflügeln der brennenden Kirche zu. Die Liebe ist der stärkste Wille, o
lief ich so schnell, daß ich bei den ersten Häusern der Stadt den Feuerreiter
überholte, der einen Freudenschrei ausstieß, als er mich erkannte. Ich rannte
blindlings in die Stadt hinein, die Sehnsucht selbst zog mich, obgleich [ich]
keine Straße kannte, auf dem kürzesten Weg zum Brandplatz. Verzweifelt rang die Menge die Hände,
schrie, jammerte, zeigt zum Turm empor. Ich übersah die Sachlage einen
Augenblick. Der Turm brannte von unten bis zum Glockenhause, der Chor der Kirche
stand in hellen Flammen, das Dach derselben glühte u. ganz oben, unter der
Kuppel des Turmes. sah ich eine wunderschöne Gestalt. „Heinrich“ er ists, ja,
er ists. Aber wie ihn retten? Viele versuchten, in
den Turm einzudringen. Aber alle kamen wieder heraus, halbverbrannt, den Mut
hatte keiner, – durchzudringen, und ein Rettungssseil oben bei seinem
vielgeliebten König anzuknüpfen u. ihn zu retten. Jetzt hörte ich etwas! „Johannes“, rief er
vom Turm herab. Ja, er wars! Aller Augen suchten nach mir, „Johannes“ tönte es
schauerlich höhnisch hinter mir, da stand Ralphur! Die ganze Menge wich zurück.
Wir standen beieinander, im Centrum eines weiten Kreises fremder Menschen, u.
zeigte einander das Weiße im Auge. Da trat ein Mann aus der Menge im einfachen
Priestergewand. trat zwischen uns hinein u. wollte uns trennen. Sein Antlitz
war so ruhig, so klar, so freundlich, ich könnte ihn fast mit meinem Heinrich
vergleichen – Totenstille –. Da zieht Ralphur ein Messer aus der Scheide und
stößt es ihm ins Herz. Der Mann fällt um. Kein Fluch kam über seine Lippen,
nicht einmal ein Seufzer, nein, „Vergieb ihnen, denn sie wissen nicht was sie
thun!“ Ralphur stieß einen Schrei aus, warf sein
Messer weit weg, und entfloh, vor ihm zerstiebte die Menge. Ich beugte mich
nieder zu dem Manne, er drückte warm meine Hand und sagte: „Suche mich morgen,
ich muss dir“, er verschied. Ich ließ ihn liegen, eilte auf den Turm zu , ein
feuriger Jüngling drückte mir ein Seil in die Hand, ich eilte in den Turm
hinein. Den Atem angehalten stürzte ich durch Rauch und Flammen die Treppen
hinauf, immer höher immer höher, mir schwindelte. Nun war ich droben bei den
Glocken, krachend stürzte die Kuppel zusammen, aber schon sah ich eine Gestalt,
die sich mir näherte. Ohnmächtig vor Anstrengung und Aufregung fiel ich
nieder. Doch fühlte ich mich fest umarmt. In seliger Bewußtlosigkeit versunken
hatte mich mein H. umfaßt das Seil angebunden und uns beide von der
schwindelnden Höhe hinuntergelassen. Drunten erwachte ich wieder, als man mir
mit Wein die Schläfe wusch. Ich sah mich um. Der Priester wurde eben auf eine
Bahre gelegt, ich ging auf ihn zu und suchte auf seiner Brust nach der
angezeigten [?] Stelle. Ich fand da einen Brief, den ich sogleich zu mir
steckte. H. führte mich an der Hand mit zärtlichem Blick, ich sagte, komm wir
gehen wieder, er nickte liebevoll und begleitete mich zur Stadt hinaus. In seeligem Wonnegefühl gingen wir
schweigend miteinander. Aber, es hatte sich doch etwas zwischen mich u. Ihn
gezwängt, das war das Gesicht des Priesters. Wie friedlich war er doch auf der
Bahre gelegen u. wie schön, ruhig u. sanft. Die Überschwemmung hatte nachgelassen, als
wir auf dem Damm gingen, endlich kamen wir, die wir von unserer Liebe überhäuft
nichts spürten, an den Grenzfluß. Der Steg war ganz verschwunden, aber H.
machte einen Nachen ausfindig, auf dem wir dann hinüberfuhren. Drüben
angekommen stiegen wir aus, gingen in das Wäldchen ins Häuschen und setzten uns
nebeneinander auf die Bank. „Umarme mich noch einmal“ sagte H. Fragend sah ich
ihn an; sollen wir denn scheiden? Er mied meinen Blick. „Ich muss scheiden,
weil ich mich versündigt habe; mein Reich hat ein Ende.“ „Du, mit was hast du
dich versündigt?“ „Ich habe die Kirche nur als aesthetisch heiliges Haus
geschützt, nicht als den Tempel des Heiligsten, den ich hätte verstehen sollen,
auf den Priester habe ich nicht gehört, der mich freundlich mahnte, weil ich
immer einen leisen Vorwurf bei seinem Anblick fühlte, und zwar that ich es
nicht, obgleich mich eine innere Stimme dazu mahnte, ich wollte zwar meine
Unterthanen glücklich machen, aber nur für diese Welt, an die Ewigkeit dachte
ich nicht weiter, obgleich ich dem Priester vollkommen Recht geben musste.
Seine Prophezeiungen trafen alle richtig ein, die schwerste steht noch aus.“
Ich war immer näher zu ihm gerückt. Thränen traten mir ins Auge. „Deshalb soll
dies Gericht gekommen sein?“ „Ja, Ralphur war auch eine furchtbare
Willenskraft, die jedoch nur Böses wollte, mein ärgster Feind. Sein Wille
brachte es weiter als meiner, er brachte dadurch das Elend über uns, lockte
mich auf scheussliche Weise auf den Turm und nur dadurch, dass er den Priester
des Höchsten, der über ihm steht, tötete, ist er selbst vernichtet. Wir sind
beide gleich weit gekommen, unser Wille hat eine grosse Gewalt über unseren
Cörper gehabt, die Liebe war bei uns der stärkste Trieb und ist es auch bei
andern Menschen –“ Er hatte dies alles mit bebender Stimme gesprochen, jetzt
umarmte er mich fest, wie ich ihn – weinend sagte er: „Was der Priester dir
sagen will, ich sah es wohl von meinem Turm aus, das ist volle Wahrheit, das
kannst du mir glauben, doch mein Ende kommt. Noch Ein Versprechen musst du mir
geben.“ „Ja?“ „Hilf mir nicht mehr, wenn ich scheide.“ „Warum?“ „Es wäre dein
Verderben, dein schreckliches Verderben., versprich es mir als dein heiligstes
Wort!“ „Ja, ich verspreche es.“ Jetzt fasste er mich bei der Hand. Wir gingen
aus der Hütte hinaus. Die Wellen rauschten unter unseren Füßen. Nochmals
drückte er mir fest die Hand. Ein jäher Sprung, in einem Bogen, hinaus, hinab –
schon war er im Wasser, er kämpft! er ringt! ganz verzweifelt! Hinunter, mit
Ihm sterben oder ihn retten! Nein! Ich darf nicht! Mein Wort hab ich gegeben.
Doch kann ich kein Auge von ihm wenden, und weiß ihn schon im Todeskampf. Seine
schönen blauen Augen verschwinden auf immer, sein helles Haar, schon ist er
unter Wasser, tot! verschwunden! Wehe, wehe mir! Wehe! Ein Wehruf quoll über meine Lippen. Da
stand ich nun, mein Herz von grausamem Schmerz zerrissen, all meine Liebe,
meine Sehnsucht, war nicht gestillt. Nun aber fort, fort von diesem Ort. In der
Verzweiflung verwünschte ich mein Leben. Zurückkehren konnte ich gar nicht
mehr, ich dachte an Lot’s Weib. Ich haderte in meinem Herzen mit allem, was es
gab. Wo war jetzt meine Willenskraft? Groß war sie gewesen, hatte ich doch den
Feuerreiter noch eingeholt nach einer Stunde, die über eine Stunde zum Gehen
war! Groß war meine Liebe gewesen, war ich doch für meinen H. buchstäblich in
den Tod gegangen. Aber, wenn sie nicht ewig dauert, dann ist sie eben doch
nichtig. Wo finde ich nun eine ewige Liebe, wo? Ich war in der Verzweiflung weit
fortgeeilt[?], fort von jenem Schreckensort.- Endlich fiel mir des Priesters
Brief ein. Die dunkle Nacht fing an zu weichen, der Himmel hatte sich aufgeheitert,
als ich an ein Dorf kam. Ich ging hinein, setzte mich auf einen [ein Wort
unleserlich] Baumstamm, der vor einem Bauernhause lag u. wollte mich ausruhen.
[Am Rand: „9 Mai 1897“] Aber, die nassen Kleider! Ich ging die Stiege von dem Bauernhaus
hinauf. Oben an den Thüre begegnete mir der Mann. Verwundert sah er mich an.
„Habt Ihr vielleicht trockene Kleider für mich zum anziehen?“ „Wo kommt Ihr
her?“ Ich zeigte wehmütig dort hinüber, der Bauer fuhr zusammen. Sogleich ging
er hinein ins Haus, u. rief seiner Frau, sie solle ihres Augusts andere Kleid
holen. Sogleich führte er [mich] in eine kleine Stube, die Sonne schien soeben
zum Fenster herein, u. ich sah in einem Spiegel wie schauerlich mein Aussehen
war. Der Mann schien mir ein [ein Wort unleserlich]
Mensch zu sein, in der Stube sah ich eine Bibel auf dem Tisch liegen u.
biblische Bilder hingen an der Wand. Soeben eilte seine Frau mit den Kleidern
herunter, er ließ sie jedoch nicht herein, reichte mir Kleider, u. ging hinaus.
Schnell kleidete ich mich um, u. öffnete die Thüre. Der Mann kam herein, bot
mir seinen Stuhl an, ich setzte mich, er sich auch. „Woher kommt Ihr?“ fragte er mich
ungläubig. „Dort, vom Fluß her.“ „Dann könntet Ihr nicht mehr lebendig [sein],
Ihr wißt es scheints nicht recht.“ „Ich kann’s Euch zeigen“, sagte ich. „Aber
Ihr könnt doch jetzt nicht mehr laufen!!?“ „O doch.“ „Nun, wir gehen zuerst in
die Kirche. Bleibt inzwischen da, ich will etwas zum Essen bringen.“ Er erhob
sich, u. kam bald wieder, mit einer Schüssel mit Brei. Gierig verschlang ich
die Speise. Mich wunderte nur, daß er niemand zu mir hineinließ. Er beobachtete
mich fortwährend scharf, so daß es mir fast unbe[Rest des Wortes unleserlich]
wurde. Als ich gegessen hatte, fragte er: „Kennt Ihr hier jemand?“ „Ich weiß
gar nicht, wo ich bin“, sagte ich.
Als zweiter Text ein biographischer Abriß, der zeigt, wie exakt Wolfgang Hildesheimer vorhergesagt hat:
Hildesheimers Urgroßvater, Oberrabbiner Esriel Hildesheimer, gründete die Rabbinerschule in Berlin, Hildesheimers Großvater unterrichtete dort und an der Universität, Hildesheimers Vater aber, ein Lebensmittelchemiker, einer der Direktoren von Unilever, ist der Erfinder der Margarine Blue Band, in Deutschland als Rama bekannt. Über Hildesheimers Schulzeit weiß man wenig. In Nijmegen ging er in den Kindergarten. Das traf so hin, da sein Vater immer wieder anderswo arbeitete. Dass das Gymnasium, das Hildesheimer besuchte, in Mannheim stand, lag daran, dass sein Vater technischer Direktor der Öl-, Margarine- und Seifenfabrik Estol in Rheinau geworden war. Ab da weiß man etwas mehr über die Schulzeit: 1930 wechselte Hildesheimer zur Odenwaldschule, aber nicht lange. Im Oktober 1933 zog die Familie auf dem Weg nach Palästina zuerst nach London, wo Arnold Hildesheimer mit Unilever verhandelte, weil er in Palästina eine Margarinefabrik aufbauen wollte. Während dieses englischen Zwischenspiels besuchte Wolfgang Hildesheimer eine englische Public School, aber nicht lange. Im Dezember 1933 übersiedelte die Familie nach Jerusalem, und just am 26. Dezember 1933 erschienen in der Palestine Post die ersten Annoncen, die aussehen wie die späteren Annoncen, die nachweislich Wolfgang Hildesheimer gemacht hat. Nicht unpassend dazu hatte er Unterricht in Zeichnen, Möbeldesign und Innenarchitektur, sozusagen hauptberuflich aber machte er 1934 bis 1937 eine Tischlerlehre, was er nach der Gesellenprüfung 1937 aber nicht weiter verfolgte – er reiste nach London, studierte an der Central School of Arts and Crafts und beteiligte sich an ersten Kunstausstellungen. Von London aus besuchte er im Sommer 1937 den Bühnenbildnerkurs (Bühnenbild, Kostüm, Maske) unter Leitung von Emil Pirchan im Rahmen der Salzburger Sommerakademie, hätte 1938 gern wieder teilgenommen, aber inzwischen waren in die Deutschen einmarschiert. Trotzdem unterbrach er 1938 das Studium für ein Term und nahm an den Feierlichkeiten anlässlich der Gründung der Blue Band Factory seines Vaters in Haifa teil. Anfang 1939, längst wieder in London, machte er sein erstes Bühnenbild, „Uncle Vanja“ am Little Tavistock Theatre. Im Frühjahr verbrachte er erstmals einige Wochen in Cornwall (Mousehole), im Sommer noch einmal (St. Yves). Sein letzter Brief an seine Eltern aus London datiert vom 22. August, der nächste aus Pormichel (Bretagne) – der Krieg war ausgebrochen, und da er kein direktes Schiff ab London hatte finden können, schlug er sich durch Frankreich und die Schweiz durch. Womit die Jahre begannen, über die er später sagte, er habe einen interessanten Krieg verbracht. Er war Englischlehrer am British Council Jerusalem, Information Officer der Britischen Mandatsregierung (für die Engländer, also gegen die Staatgründung), hatte die erste Einzelausstellung seiner Bilder und beteiligte sich an nicht wenigen Gemeinschaftsausstellungen – Öl, Collagen, Bleistift, chinesische Tusche – , arbeitete als Bühnenbildner und Buchillustrator, heiratete und ließ sich scheiden, unterzog sich einer Psychoanalyse, gründete mit einem Freund zusammen eine Werbeagentur, die vor allem die Palestine Post mit illustrierten Annoncen versorgte, erhielt den ersten Preis seiner Laufbahn für die Annonce „It’s a difficult job trying to cook without Blue Band”, zog mit seinen Freunden durch die Bars – neben Juden und Christen auch einige später berühmt gewordene Araber, z. B. Jabra Ibrahim Jabra –, war Redakteur der deutschen Ausgabe des wöchentlichen „Forum“, später „Radio Week“, schrieb erste Gedichte, die er bei der ersten öffentlichen Lesung seiner Laufbahn im Haus der arabischen Familie Moghanam vortrug, Einführung Walid Khalidi, schrieb Buchbesprechungen, Essays (natürlich englisch), u. a. über James Joyce, und machte erste Übersetzungen (natürlich ins Englische), z. B. ein Gedicht von Stefan George. 1946 zog er wieder nach London, versuchte als Bühnenbildner, Bildender Künstler, Commercial Artist (Design von Stoffen und Einpackpapieren etc.) Fuß zu fassen, besuchte mit vier Malerinnen Cornwall (Port Isaac), übersetzte Kafkas „Elf Söhne“ und versorgte auch von London aus die Palestine Post, nun vor allem mit Berichten über das Londoner Kulturleben, zuletzt aber erschien sein erster von ihm selbst illustrierter Text: „Cornish summer“. Er folgte dem Tip eines Freundes und ließ in der amerikanischen Botschaft London prüfen, ob er als Simultandolmetscher bei den Nürnberger Prozessen tauge, übersetzte eine Hitler-Rede simultan und war engagiert. Als er im Januar 1947 als amerikanischer Offizier in Nürnberg antrat, war der große Prozess vorbei. Aber auch der sogenannte kleine Prozess und vor allem sein spezieller Fall, die Einsatzgruppen, hinterließen in seinem späteren literarischen Werk Spuren. Er blieb bis 1949, zuletzt als Mitherausgeber zweier Bände der Prozess-Akten. Nebenbei arbeitete er wieder daran, sich als Bildender Künstler zu etablieren, auch nach seinem Umzug 1949 nach Ambach am Starnberger See: er beteiligte sich wieder an einigen Ausstellungen, die wichtigsten im Central Art Collecting Point München, zuletzt im April/Mai 1950: „Zen 49“. Diese Ausstellung wanderte danach durch zahlreiche deutsche Städte, bis 1951, aber – da hatte der Metierwechsel in Hildesheimers Leben bereits stattgefunden. Denn im Januar 1950 war es am Ofen in seinem Atelier zu dunkel zum Malen, am Fenster zu kalt, und so schrieb er eine Geschichte, las sie den Kindern des Dorfes vor, schrieb ermutigt weitere Geschichten, Satiren auf den Kulturbetrieb in scheinbar leichtem Gewand, die alsbald in der Neuen Zeitung erschienen, dann auch in literarischen Zeitschriften, 1951 in der Gruppe 47 Furore machten und 1952 als sein erstes Buch herauskamen: „Lieblose Legenden“, ein Dauerseller, bis heute. 1953 – im Jahr des Umzugs nach München – der erste und einzige Roman, 1955 das erste Theaterstück in Düsseldorf von Gründgens uraufgeführt, im gleichen Jahr der Hörspielpreis der Kriegsblinden: Hildesheimer hatte sich als Satiriker etabliert, zog 1957 nach Poschiavo (Graubünden) und – schrieb völlig anders weiter: Stücke, die man gemeinhin als absurde verstand, bei Hildesheimer natürlich auch Hörspiele, ein bezeichnendes Buch dieser Zeit ist ein Sammelband unter dem Titel „Spiele, in denen es dunkel wird“ (1958). Passend dazu auch seine als sprachliche Höchstleistung gefeierte Übersetzung von Djuna Barnes‘ „Nightwood“ (1959). Und als Hildesheimer 1960 die „Rede über das absurde Theater“ gehalten hatte , hatte er sich vollends als deutscher Vertreter des Theaters des Absurden etabliert und – schrieb wieder Prosa, aber völlig anders: die Periode der Ich-Reflexionen und der Verarbeitung der Eindrücke bei den Nürnberger Prozessen begann 1962 mit dem eher schmalen Text „Vergebliche Aufzeichnungen“, ein Text, den er – zum erstenmal seit 1946 – selbst illustrierte. 1965 folgte „Tynset“, ein Werk, das er nicht Roman genannt haben wollte, für das er den Büchner-Preis und den Bremer Literaturpreis erhielt. Im gleichen Jahr stellte er wieder Bilder aus, die erste Einzelausstellung seit 1940, zahlreiche Ausstellungen folgten. Als letztes Werk dieser Periode erschien 1973 das Prosabuch „Masante“, das bereits 1970 als „Meona“ hätte erscheinen sollen, nun aber wie eine Verspätung wirkte, denn – bereits zwei Jahre zuvor hatte mit dem wieder von ihm selbst illustrierten „Zeiten in Cornwall“ (1971) die Periode der (auto)biographischen Werke begonnen. 1977 erschien das große Buch „Mozart“, das Hildesheimer nicht „Biographie“ nennen wollte, sein Bestseller, ein Buch, das Peter Shaffers Theaterstück „Amadeus“ beeinflusste und damit auch Miłos Formans Film „Amadeus“ und noch heute als – in Details durchaus korrigiertes – Standardwerk gilt. Als Abschluss dieser Periode und Krönung von Hildesheimers gesamtem literarischen Schaffen erschien 1982 „Marbot. Eine Biographie“, die ernsthafte Biographie eines erfundenen englischen Sir zu Beginn des 19. Jahrhunderts, der gern Maler geworden wäre und stattdessen der erste psychologisch orientierte Kunstbetrachter wurde. Damit war Hildesheimers Themenkreis abgeschritten, die Rückkehr zu den Anfängen hatte begonnen: schon in den „Lieblosen Legenden“ hatte er die Biographie eines erfundenen Mannes geschrieben, Gottlieb Theodor Pilz, mit England kommen seine Anfänge als Londoner Kunststudent ins Spiel, als er noch die Chance gehabt hätte, der Maler des Jahrhunderts zu werden, mit dem Wechselspiel von – wohlgemerkt: erfundenen – Zitaten aus Marbots Werk im Original und in deutscher Übersetzung kommt der Übersetzer Hildesheimer – nicht zu vergessen: Joyce und Beckett – ebenso ins Spiel wie die Nürnberger Zeit, in der Hildesheimer sozusagen kraft Amtes zwischen Deutsch und Englisch vermittelte, wobei er seinerzeit Englisch besser beherrschte als Deutsch. Mit „Mitteilungen an Max“ (1983) meldete sich denn auch – auf höchster Ebene – der Satiriker der „Lieblosen Legenden“ zurück. Konsequenterweise beschloss Hildesheimer, nicht mehr zu schreiben. Das Schreiben sei ja nur eine Pause vom Malen gewesen, sagte er, eine Pause von vierzig Jahren, was sei das schon. Wegen eines spektakulären Interviews im „Stern“ nahm man diesen Beschluss weithin zur Kenntnis und diskutierte ihn kontrovers, vor allem die Begründung mit zu erwartenden Umweltkatastrophen und globalen Krankheiten. Wer ums Überleben kämpfe, kümmere sich nicht um Mozart. Hildesheimer engagierte sich für Greenpeace, machte Collagen seiner speziellen Art: er zerschnitt Kalender, Kunstbände von Kollegen, Modekataloge etc. und arrangierte die zuweilen nur milimetergroßen Stücke zu kleinformatigen Kunstwerken. Er begann wieder zu zeichnen, auch nach der Natur, experimentierte als Litograph, illustrierte „Vergebliche Aufzeichnungen“ neu und – schrieb natürlich weiter. Das zentrale Werk dieser Zeit, die fundamentale Anklage der Verursacher aller Katastophen: „Herr, gib ihnen die ewige Ruhe nicht“, am Totensonntag 1986 vom Schweizer Fernsehen und der ARD ausgestrahlt. Zuletzt trug er seine Sorge auch denen vor, die von den Katastrophen ereilt werden würden: „Rede an die Jugend“, vorgetragen im März 1991, fünf Monate vor seinem Tod. Sein letztes Werk: die Collage „Totentanz“.